Reichenberg, 1371 März 10
In Gottes Namen, Amen.
Hiermit sei allen Leuten, die diese öffentliche Urkunde sehen oder vorlesen hören, bekannt gegeben, dass in den Jahren unseres Herrn eintausenddreihundert und in dem einundsechzigsten Jahr nach der Zugehörigkeit zum Trierer Bistum, in dem zehnten Jahr kaiserlicher Gesetzgebung, im zweiten Jahr des Papsttums des Allerheiligsten im Namen Gottvaters und des Herrn, Papst Gregor des Elften, am zehnten Tag des Monats, den man März nennt, um die neunte Stunde, in dem im Trierer Bistum gelegenen Schloss zu Rychenberg (Reichenberg) in der Stube von Wussthebudels Haus (scil. folgende Leute) anwesend waren: ich, in meiner Person als öffentlicher, mit kaiserlicher Vollmacht ausgestatteter Schreiber und als Zeugen die anwesenden Herren, die hier unterschrieben haben: Herr Arnold, Pfarrer in Leyscheyt (Lierschied), Herr Dylman, Pfarrer in Walmillach (Wallmenach) und Herr Foiliip (Phillip), örtlicher Kaplan in Reichenberg.
Der vorgenannte Herr Arnold von Leyscheyt erklärte, dass Ritter Johann Pyner nach Sancte Gewere (Sankt Goar) ins Haus von Herrn Frytsche Keßel kam, wo er am Mittwoch in der Fronfastenzeit nach dem Tag der Kreuzerhöhung, (scil. 14. September), was man auf latainisch als „exaltio sancte crucis“ bezeichnet, den ehrwürdigen Bischof Johan von Tramys bat, er möchte nach Wallmillach reiten, um die (scil. dortige) Kirche und den Friedhof erneut zu weihen.
Da antwortete ihm der Bischof, er wagte nicht, dorthin zu reiten, weil er gewarnt sei, dass es auf dem Land und auf den Straßen gefährlich sei. Deshalb meinte der vorgenannte Herr Johan Pyner, es sei besser, für eine Weile daheim zu bleiben. Da mahnte und sprach der vorgenannte Herr Arnold, Pfarrer zu Lyscheyt, zu Herrn Johan Pyner, dass er daran dächte (scil. er solle daran denken), wie er der Kirche zu der Zeit, als er seinen Sohn dort selbst als Pastor einsetzte, globt hätte, dass er die Kirche beschützen und beschirmen wollte, wo er könnte und ihr helfen und mit Rat zur Seite stehen wollte (scil. und zwar) so lange, bis sein Sohn eines Tages in der Lage sei, dass er für die Kirche selbst sorgen könne.
Durch die Ermahnung und durch andere mannigfaltige Belehrungen besann sich da ohne jeden Hintergedanken und ohne Arglist in aufrichtiger Weise um Gottes Willen (scil. zu erfüllen) der zuvor genannte Herr Johan Pyner und sprach in der folgenden Angelegenheit zu dem vorgenannten ehrwürdigen Bischof Johan von Tramys, er solle (scil. dorthin) reiten und die vorgenannte Kirche weihen.
Er (scil. Johan Pyner) wolle sodann mit ihm dorthin reiten und mit seinen Freunden nicht von ihm weichen; entweder er würde dann dort mit ihm erschlagen oder er brächte ihn wieder über den Rhein.
Auf diese Zusage hin ritt der vorgenannte Bischof nach Walmillach, um die Kirche zu weihen, und der vorgenannte Herr Johan Pyner ritt mir seinen Freunden mit ihm dorthin, ohne jeden Hintergedanken und ohne Böses im Sinn zu haben, ausschließlich um Gottes Willen, aus keinem Grund als dass sie den vorgenannten Bischof nicht betrüben und dass sie ihn beschützen wollten, wenn sie könnten. Sie wollten damit Gott dienen und dem Bischof beim Gottesdienst und bei der Weihe zur Hand gehen und ministrieren. Und wirklich erklärte bestätigen der vorgenannte Kaplan von Reichenberg, Herr Fortlyp selbst, dass er sich am vorgestrigen Tag mit dem vorgenannten Bischof nach Walmilllach begeben hat.
Und nachdem sie in die dortige Kirche gekommen waren und der Bischof (scil. sein Gewand) angelegt hatte, um die Messe zu zelebrieren, und als er am Altar stand und im Begriff war, Salz, Asche und Wasser zu segnen, womit er die Weihe vornehmen wollte, da standen der vorgenannte Ritter, Herr Pyner, Bater von Hoenstein, Wilderich von Wyrle (scil. vielleicht Werlau?), Frydrich von Brayt (Prath), Fryderich von Mylen (Miehlen), Gerlach Beltz, Rychwin Spyz von Mylen, Kraft, Herrn Foys Knecht und weitere ihrer Gefährten bei dem Bischof in der Kirche um den Altar und dienten, machten Handreichungen und ministrierten ihm währen seiner Messfeier.
Als der Bischof, derart beschäftigt, (scil. am Altar) stand und vorhatte, die Kirche zu weihen, wie es den (scil. kirchlichen) Vorschriften entsprach, und als diese vorgenannten (scil. Personen) ebenso bei ihm und um den Altar standen, da hörten der vorgenannte Herr Fortlyp und sie alle, wie einer außerhalb der Kirche schrie, so laut er konnte: Feinde – Feinde!
Als sie das hörten, da eilten sie aus der Kirche, so schnell sie konnten, und nur mit Mühe kamen sie heraus, um zu ihren Pferden zu gelangen. Sie eilten sich, was sie konnten. Herr Johan Pyner saß mit seinen Gefährten, auf den Pferden, so schnell sie konnten. Kaum dass sie auf ihren Pferden saßen, wurden sie von Gobel Haych, dem Bürgermeister von Nassau, und von dessen Gefährten, die an diesem Tag mit ihm unterwegs waren, zu Pferd angegriffen und dabei von ihnen derart bedrängt, dass sie sich wehren mussten. Und sie konnten und wollten sich dessen (scil. ihrer eingegangenen Verpflichtung) nicht entziehen: Sie mussten ihr Leben und ihre Habe beschützen und ebenso den Bischof, den sie dorthin zum Schutz begleitet hatten.
Herr Fortlyp sah (scil. an Ort und Stelle), dass einer von Gobel Hayches Gefährten jemanden, der sich mit dem Bischof auf dem Kirchhof befand, mit gezucktem Schwert jagte, ihm am Hals griff und Sicherheit (scil. das Untertänigkeitsgelübde des Besiegten) von ihm verlangte. Der musste ihm auch möglicherweise diese Zusicherung (scil. sich als Besiegter zu ergeben) gegeben haben. Überdies half ihm auch Gott, indem einer seiner Gefährten beschützte und für ihn eintrat.
Alles, was Herr Fortlyp hiervon in dieser Beweisschrift gesagt und bekannt gemacht hat, das bekannte und sagte auch persönlich der vorgenannte ehrbare Herr Dylman, Pfarrer zu Walmillach. Auch er habe das (scil. Vorgefallene) selbst gesehen und gehört und sei dabei gewesen. Das alles sie genau so geschehen und verlaufen, wie es zuvor (scil. in der Urkunde) geschrieben steht und nicht anders.
Auch sagte der vorgenannte Herr Dylman, Pfarrer zu Walmillach, er sei mit den anderen aus der Kirche gelaufen als sie „Feinde“ schreien hörten und (scil. jene auch) hinausliefen. Er hatte sein Chorröcklein an und kam mit seinem Chorröcklein zu den Feinden gelaufen und sprach zu ihnen: „Ihr lieben Herren, was werft ihr meinem Herrn Grebin, Wilhelms Diener, vor, dasss ihr jene hier angreifen und (insumphieren? – wahrscheinlich „in den Sumpf werfen“) wollt. Wer seid ihr? Sie sind doch sehr in Angst.“ Da antworteten ihm die Feinde und sprachen: „Wir wollen unsere Feinde angreifen und ihnen das Schlimmste, das wir können, antun.“
Das war die Begründung dafür, dass der vorgenannte Gobel Haych und seine Gefährten den vorgenannten Johan Pyner und dessen Gesellen sowie Grebe, Wilhelms Schreiber, der unbewaffnet anwesend war, in feindlicher Absicht angriffen, so dass es mit gezückten Schwertern über den Kirchhof hinweg in die Kirche zu der einen Tür hinein und zur anderen hinausging.
Und sie kämpften so lange mit ihnen, bis dass Gott Herrn Johan Pyner und seinen Gefährten half und ihnen das Glück gab, dass sie diejenigen, welche sie diesem Tag mit Gewalt überfallen hatten, ohne dass sie (scil. Pyner und Gefährten) darauf vorbereitet waren, mit ihrem Leben und ihrem Besitz in ihrer Gewalt bekamen und besiegten.
Auch drangen alle drei vorgenannten Priester einmütig darauf, dass alles, was hiervon niedergeschrieben steht, genau so geschehen und hergegangen ist. Und sie wollten das vor Gericht beeiden und bei den Heiligen schwören, wie es sich für Priester geziernt, wo auch immer es nötig sei und wo sie es tun sollten.
Und alle diese oben niedergeschriebenen Dinge sind so geschehen, getan und berichtet worden, weil ich als der mit seinem Namen unterzeichnet habende vereidigte Schreiber mit den ebenfalls unterschrieben habenden Zeugen dabei gewesen bin.
Der vorgenannte Ritter Johan Pyner verlangte von mir als einem vereidigten Schreiber, dass ich seiner Forderung nachkomme und über alle diese niedergeschriebenen Angelegenheiten und Artikel – und über jeglichen einzeln, so wie diese hier oben geschrieben stehen, eine öffentliche Urkunde anfertige und darüber hinaus, dass es nun geschehe (scil. und zwar sofort).
Dieser juristischen Pflicht und dem (scil. entsprechenden) Verwaltungsakt wurde entsprochen in den Jahren unseres Herrn, nach dem Gesetz des Kaisers, während des Papsttums des Papstes, in dem Monat, an dem Tag, in der Tageszeit, zu der Stunde des Tages und an dem Ort, wie es hier geschrieben steht. Dabei gewesen sind Herr Henrich, Priester, Mertin, Benders Sohn, ein Vikar von Sancte Gewere, Harprecht, Schultheiß von Leyscheyt, Herman, Schultheiß von Ruprechtoben (Ruppertshofen) und viele andere ehrbare Leute, adlige und nichtadlige, die dies (scil. oben Genannte) aussagten und hörten. Sie sind von mir hierzu als Zeugen geladen, aufgerufen und aufgefordert worden.
Ich, Johannes Dytsche, Pfarrer in Burnich (Bornich), im Trierer Bistum gelegen, vereidigter Schreiber mir kaiserlicher Vollmacht in gerichtlichen Angelegenheiten und Verhandlungen ausgestattet, wie es hier oben geschrieben steht, bin mit den vorgenannten Zeugen vor Ort zugegen gewesen und habe mit ihnen gelesen und gehört, dass dies alles genau so geschehen und abgelaufen ist. Darüber habe ich diese öffentliche Urkunde angefertigt und übergeben, die ich eigenhändig geschrieben und meinem gewohntem Signum unterzeichnet habe zum Zeugnis aller oben niedergeschriebenen Dinge, weil ich dazu aufgefordert, gebeten und berufen bin von dem vorgenannten Ritter, Johan Pyner von Sancte Gewere.